Die Geschichte der Rolex GMT-Master ist eine ganz besondere. Die Idee für die Uhr kommt nämlich nicht von Rolex selber, sondern von der Fluggesellschaft Pan American Airlines (Pan Am). Pan American Airlines hat nämlich das Bedürfnis, auf Grund ihrer Transatlantikflüge ihren Piloten einen Zeitmesser an die Hand zu geben, der die Zeit von zwei verschiedenen Zeitzonen gleichzeitig anzeigen kann.
Mit dieser Idee geht Pan American Airlines zu Rolex und Rolex liefert 1954 die exakt auf diesen Einsatzzweck konzipierte neue Rolex, die “GMT-Master” mit der Referenz 6542. Die Uhr wird ein großer Erfolg – sie wird von Pan Am als offizieller Zeitmesser eingeführt. Viele weitere Fluggesellschaften folgen.
Die allerersten Modelle der GMT mit der Referenz 6542 hatten noch nicht den heute typischen “GMT-Master” auf dem Ziffernblatt, sondern – und dadurch sind sie sehr gut zu erkennen – an der 6-Uhr-Position auf dem Zifferblatt gab es eine in Rot gedruckte Tiefenangabe (“50m = 165ft”).
Eine weitere Besonderheit der frühen GMTs ist die Lünette. Diese ist nicht wie heute aus Keramik oder Metall, sondern aus dem Material Acryl-Bakelit. Bakelit ist der erste vollsynthetische, industriell produzierte Kunststoff. Dieser ist widerstandsfähig gegen mechanische Einwirkungen (Druck), Hitze und Säuren, aber auch ziemlich spröde, was ihn gegenüber Zugspannungen anfällig macht. Oft genügt schon eine seitlich einwirkende Kraft durch einen Stoß am Türrahmen oder Türgriff oder gar ein Aufprall auf den Boden, um Lünetten aus dem Material zerspringen zu lassen. Das ist der Grund, warum die meisten Lünetten schon nach wenigen Jahren zerbrochen sind. Originale, nicht gebrochene Bakelit-Lünetten bei Uhren extrem rar sind und macht sie sehr begehrt für Sammler. Eine Lünette einer Rolex GMT-Master 6542 macht inzwischen einen sehr großen Teil des Wertes der Uhr aus.
Von den Bakelit-Lünetten gibt es verschiedene Versionen. Die allerersten 6542 Modelle besaßen eine Bakelit-Lünette erster Serie mit extrem hoher Leuchtkraft. Zu erkennen sind sie an der Aufteilung der rot/blauen Skalierung – das blau dieser Lünetten schließt vor der “6” und der “18” ab, die Skalierung der zweiten Serie genau zwischen den zwei Zahlen.
Rolex 6542
Foto: ©Rolex/Jean-Daniel Meyer
Wie bei vielen anderen Uhren auch gibt es auch bei der GMT einen Mythos, der mit großer Sicherheit in die Kategorie „Seemannsgarn“ fällt – die spezielle Version mit weißem Zifferblatt:
GMT mit weißem Blatt, Originalität nicht unumstritten
Bild: www.fiftyfathoms.net
Der Grund für diese besondere Variante ist wie folgt überliefert: Das Bodenpersonal verlangt, nachdem die Piloten mit den neuen Zeitmessern bestückt waren, nach ähnlichen Uhren wie die der Piloten. Deshalb bestellt Pan Am angeblich bei Rolex eine sehr geringe Anzahl von modifizierten GMTs mit weißem Zifferblatt (angeblich weniger als 200 Exemplare). Die Uhren der Bodenmannschaft sollten von den Uhren der Flugbesatzung zu unterscheiden sein. Schwarze Zifferblätter sind demnach fortan für die Flugbesatzung vorgesehen, die Uhren mit weißen Zifferblätter für das Bodenpersonal.
Weiße GMT-Modelle sind öfter selbst bei bekannten Auktionshäusern zu finden und erzielen erstaunlicherweise oft Höchstpreise bei Auktionen. Aber die Echtheit und Existenz konnte bisher nirgendwo bestätigt werden.
Zurück zu den „normalen“ GMTs:
Bereits 1959 führt Rolex das nach Nachfolgemodell der GMT-Master mit der Referenznummer 1675 ein, was bis 1980 über mehr als 20 Jahre produziert wird. Daher ist dieses Modell wohl die bekannteste Referenz und trotzdem heute sehr beliebt. Eine gute GMT aufzutreiben ist inzwischen gar nicht mehr so einfach und wenn dann sind die Preise extrem hoch. Die guten Modelle sind alle schon bei Sammlern gelandet und die werden nicht mehr so einfach hergegeben.
Während der langen Produktionszeit gab es aber einige Modellüberarbeitungen:
Wie bei den ersten Modellen der Rolex Submariner hatten die ersten GMT-Master-Modelle keinen Schutz der Aufzugskrone – dieses Merkmal wird der GMT erst in den früher 60er Jahren hinzugefügt – und zwar ab der Referenz 1675. Die ersten Modelle verfügen über die sogenannten “pointed crownguards”, einem spitzen Kronenschutz. Eine stärker abgerundete Version kommt in den späten 60er Jahren.
Mit der Referenz 1675 ändert sich auch die Beschriftung des Zifferblatts: Die Formulierung “Official Certified Chronometer” auf dem Zifferblatt weicht dem Text “Superlative Chronometer Officially Certified”.
In den frühen 60er Jahren änderte Rolex die Farbe der Beschriftung auf dem Zifferblatt von Gold zu Weiß. Gleichzeitig wird auch die Beschriftung der Datumscheibe von abwechselnd rotes Datum/schwarzes Datum auf eine rein schwarze Datumscheibe gewechselt.
Rolex GMT-Master Werbeanzeigen
Mitte der 60er Jahre erfolgt die nächste auffällige Modifikation. Die Zeigerspitze für die 24-Stunden Anzeige ändert sich: Aus zunächst einer kleinen Pfeilspitze wird eine größere Spitze. Ungefähr zu gleichen Zeit wechselt Rolex die Beschriftung des Zifferblattes von “SWISS” zu “SWISS T<25”. “SWISS” stand seiner Zeit für Radium als Leuchtmaterial für das Zifferblatt und die Zeiger. Mit dem Wechsel auf Tritium wurde “SWISS T<25” als Zeichen für das neue Leuchtmaterial eingeführt.
Ein anderes auffälliges Merkmal, dass die heutige GMT-Master (fast) unverwechselbar macht und den ersten Modellen fehlt, ist die Datumslupe. Diese konnte seinerzeit als Option bestellt werden, war aber nicht zwangsweise bei dem Modell vorhanden. Die wenigen Exemplare ohne Lupe sind heute eine Rarität. Die meisten GMT-Master wurden trotz Option mit Lupe ausgeliefert. Allerdings lässt sich ein Glas ohne Datumslupe mit etwas Aufwand aus einem Glas mit Lupe herstellen. Originale Plexy-Gläser aus der Zeit sollten sehr selten sein und auch wegen dem mit der Zeit entweichenden Weichmacher nicht mehr praxistauglich, da mit so alten Gläsern kaum mehr die Wasserdichtheit sichergestellt werden kann.
Um 1976 wurde das Werk modifiziert und die sogenannte “Hack”-Funktion kommt hinzu, eine Funktion, die es ermöglicht, den Sekundenzeiger beim Stellen anzuhalten, um sekundengenaues Stellen zu ermöglichen.
1981 gibt es eine größere Modifikation und die GMT-Master bekommt ein neues Uhrwerk, das Kaliber 3075 mit 28.800 bph. Dieses Werk verfügt über einen “Quickset” (schnelles Verstellen des Datums), was sehr praktisch ist, wenn man die Uhr öfter mal nicht trägt. Durch diese große Modifikation erhält die GMT-Master eine neue Referenznummer, die 16750. Dieses Modell ist aber weiterhin mit einem Plexiglas ausgestattet, hat aber im Gegensatz zu den früheren GMT-Master-Uhren ein glänzendes Zifferblatt. Die Indexe auf dem Blatt sind reines Tritium.
Ab 1986 erhält die 16750 eine weitere Modifikation und die Indexe werden, wie bei anderen Modellen auch, mit Weißgold umrandet. Eine Besonderheit haben die ersten mit Weißgold umrandeten Blätter noch: Statt dem Schriftzug „Oyster Perpetual Date“ steht nur „Oyster Perpetual“ auf dem Zifferblatt und das „Date“ fehlt.
Produziert wurde die 16750 nur 7 Jahre (bis 1988) und ist daher nicht so häufig zu finden. Das macht die 16750 zu einem begehrten Modell für Sammler.
1984 erscheint die nächste Generation der GMT-Master, die GMT-Master II mit der Referenznummer 16760. Diese GMT-Master wird liebevoll „Fat Lady“ genannt, was auf das neue dickere Gehäuse und den kräftigeren Kronenschutz zurückzuführen ist. Das neue Kaliber 3085 ist nun in der Lage, den 24-Stundenzeiger in 1-Stunden-Sprüngen zu stellen, vorwärts oder rückwärts und das ohne Einfluss auf den Minuten- oder Sekundenzeiger. Eine wahnsinnig praktische Sache. Zudem verfügt die GMT-Master II nun über ein Saphirglas, die Lünette ist nur in schwarz/rot („Coke“) erhältlich. Die GMT-Master 16750 wird aber zunächst nicht abgelöst, sondern die GMT-Master 16750 und die GMT-Master II 16760 werden bis 1988/1989 parallel angeboten.
1989 erscheinen die GMT-Master 16700 mit Saphirglas und Kaliber 3175, sowie die GMT-Master II 16710 mit Kaliber 3185. Gleichzeitig wird erstmals die GMT-Master II in Stahl/Gold und Gold angeboten (Referenzen 16713 und 16718). Die bisher angeboten Stahl/Gold- und Goldmodelle der GMT-Master (16753 und 16758) werden eingestellt – die GMT-Master ist nun nur noch in Stahl erhältlich. Im Laufe des Produktionszeitraumes wechselt die Leuchtmasse ca. 1997 von Tritium auf Superluminova. Die GMT-Master wird bis zum Jahr 2000 parallel angeboten und dann zugunsten der GMT-Master II 16710 eingestellt.
GMT (Ref. 16700)
Die GMT-Master II 16710 ist nun in drei verschiedenen Aluminium-Lünetten-Inlay-Varianten erhältlich: Rot/blau, schwarz und rot/schwarz. Als Armbänder waren das Oyster-Armband (Referenz 78360) und das Jubilee-Armband (Referenz 62510) erhältlich. Sehr schnell nach der Einführung erhielten die Oyster-Armbänder das berühmte Oyster-Lock (Fliplock). Die Referenznummer änderte sich so zu 78790.
Im Laufe des Produktionszeitraumes der 16710 gab es noch viele weitere Modellpflegemaßnahmen, z. B.:
Auf der Messe in Basel 2005 gab es einen nächsten großen Modellsprung mit einem komplett neuen Design. Es wurden 2005 zunächst zwei neue GMT-Modelle in Vollgold vorgestellt, die ein neues, deutlich größeres Gehäuse, eine neue Lünette aus Keramik mit massiven eingelegten Ziffern und eine neue, größere Krone besitzen. Zudem besitzen die neuen Modelle wieder ein neues verbessertes Werk (Kaliber 3186). Die Referenznummer ist nun 116718LN (Lunette Noir) benennt die normale “neue” GMT und das 50-Jahre Jubiläumsmodell mit grünem Zifferblatt.
Neue GMT in Stahl(Ref. 116710)
Bild: Rolex
2006 folgte in Basel das Modell in Stahl/Gold und 2007 das Modell in Stahl mit der Referenznummer 116710LN (Lunette Noir). Die Lünette ist bis zu diesem Zeitpunkt nur in schwarz erhältlich. Die Bezeichnung “LN” in der Referenznummer deutet aber zu dem Zeitpunkt schon darauf hin, dass es weitere farbige Lünetten (z. B. schwarz/rot oder blau/rot) in Zukunft geben sollte.
Wie aus Patentschriften schon zu erwarten, war es nur eine Frage der Zeit, bis Rolex wieder eine GMT mit zweifarbiger Lünette anbietet. Gab es Anhangs wohl noch Schwierigkeiten, den Übergang der beiden Farben bei dem Keramik-Inlay zu gestalten, war es auf der Baselworld 2013 dann soweit. Aber zur Überraschung aller war die Lünette nicht schwarz/ rot oder rot/blau wie bei den alten Modellen, sondern schwarz/blau. Auch der GMT-Zeiger ist passend blau gefärbt. Das Modell trägt nun die Referenznummer 116710 BLNR (Blue & Noir, Spitzname „Batman“). Sollte es doch keine rot/blaue GMT mehr geben, die bisher liebevoll „Pepsi“ genannt wurde?
Doch, ein Jahr später auf der Baselworld 2014 war es dann soweit. Es wurde die heiß ersehnte GMT-Master II mit blau/roter Lünette vorgestellt. Aber auch hier gab es wieder eine faustdicke Überraschung, denn dieses Modell ist ausschließlich in 18kt Weißgold erhältlich und trägt die Referenznummer 116719 BLRO (Blue & Rouge).
Zunächst wurde vermutet, dass die neue „Pepsi“-GMT damit wohl vermutlich ausschließlich als Weißgold-Modell angeboten wird, da eine Stahl-GMT optisch zu ähnlich wäre. Außerdem sollte die Herstellung der blau/roten Lünetten produktionstechnisch schwierig sein, so dass man diese nur in geringen Stückzahlen fertigen könne. Aber weit gefehlt:
Zur Baselworld 2018 gab es eine Modellpflege der GMT mit dem neuen GMT-Modell in Stahl (nun Oystersteel genannt) mit der Referenznummer 126710. Die GMT erhält nun eine minimal andere / schlankere Gehäuseform – das Gehäuse wirkt schärfer und die Hörner laufen spitzer zu. Statt dem Oysterband wird die GMT nun ausschließlich mit einem Jubilee-Band ausgeliefert und im Inneren arbeitet nun das Kaliber 3285 mit 70 Stunden Gangreserve und einer garantierten Abweichung von weniger als -2/+2 Sekunden.
Die GMT mit der schwarzen Lünette (116710 LN) wurde mit dem Modellwechsel komplett eingestellt und erhält keinen Nachfolger. Die schwarz/blaue GMT-Master II in Stahl wird durch die Referenz 126710 BLNR ersetzt. Dazu kommt nun die GMT-Master II in Stahl mit blau/roter Lünette (126710 BLRO) – die 16710 erhält nach 11 Jahren nun endlich einen legitimen Nachfolger.
Die Rolex GMT-Master ist eine Ikone. Es ist wohl die bekannteste „Reiseuhr“ der Welt. Durch die mehrfarbigen Lünetten ist sie auch innerhalb der Rolex Palette einzigartig und sofort erkennbar. Egal welches Modell – jedes hat seinen Charm und in jede Sammlung eines Uhrenfans gehört „irgendwie“ eine Rolex GMT-Master.
Die Preise sind im steilen Anstieg und selbst für „einfache“ gefadete Aluminium-Lünetten werden inzwischen deutliche 4-stellige Beträge aufgerufen. Wer also eine GMT-Master besitzen möchte, kann nicht viel falsch machen, diese jetzt und nicht später zu kaufen.
Fidel Castro & Che Guevara mit Rolex GMT-Master
(Fotografen unbekannt)
Zum Abschluss noch ein Überblick über die Baujahre der einzelnen Modelle: